Humanitäres Völkerrecht

Verbreitungsarbeit erklärt - Das Humanitäre Völkerrecht

Die Verbreitung der Regeln des humanitären Völkerrechts und der Grundsätze des Roten Kreuzes und Roten Halbmondes ist eine der Hauptaufgaben der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung. Sie ist Voraussetzung dafür, dass sich unter anderem die Teilnehmer bewaffneter Konflikte, aber auch die engagierten Mitglieder der Bewegung sie im Ernstfall kennen und respektieren.

Geschichte des humanitären Völkerrechts

Die ursprüngliche Genfer Konvention „zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken der Streitkräfte im Felde“ wurde im Jahr 1864 von 16 Staaten verabschiedet. In den folgenden Jahrzehnten wurde sie durch weitere Vereinbarungen ergänzt, etwa die Abkommen der Haager Friedenskonferenzen von 1899 und 1907 sowie das Genfer Abkommen von 1929. Angesichts der technischen Entwicklungen des Zweiten Weltkriegs, durch die erstmals in großem Umfang Zivilisten betroffen waren, wurde der Schutzrahmen der Genfer Abkommen am 12. August 1949 auf Zivilpersonen ausgeweitet.

Die heute geltenden vier Genfer Abkommen von 1949 sowie die beiden Zusatzprotokolle von 1977 bilden das Herzstück des humanitären Völkerrechts. Sie bieten Schutz vor Grausamkeit und Unmenschlichkeit während kriegerischer Auseinandersetzungen, insbesondere für jene, die nicht (mehr) aktiv an den Kämpfen beteiligt sind: verletzte, kranke oder schiffbrüchige Kombattanten sowie Zivilpersonen.

Bis zum Jahr 2015 haben 196 Staaten die Genfer Abkommen ratifiziert – eine beachtliche Errungenschaft. Doch dies allein genügt nicht. Die Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung muss weiterhin weltweit alles daran setzen, die künftige Umsetzung und Weiterentwicklung der Abkommen zu fördern und zu stärken. Ihr selbst auferlegtes Ziel bleibt es, den Opfern von Kriegen beizustehen, ihnen Schutz zu gewähren und ihnen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.

Hier finden Sie den Film „Die Geschichte einer Idee“, der die Entwicklung der Genfer Abkommen sowie der Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung nachzeichnet, gesprochen von DRK-Botschafter Jan Hofer:

Die Geschichte einer Idee - Teil 1/4 - Die internationale Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung - YouTube

Die Geschichte einer Idee - Teil 2/4 - Die internationale Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung - YouTube

Die Geschichte einer Idee - Teil 3/4 - Die internationale Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung - YouTube

Die Geschichte einer Idee - Teil 4/4 - Die internationale Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung - YouTube

Werte im humanitären Völkerrecht

Unzulässige Kriegsmethoden

Zu den im humanitären Völkerrecht untersagten Methoden gehören unter anderem die Anwendung von Heimtücke sowie der Missbrauch von geschützten oder nationalen Kennzeichen. Auch die Anweisung, keine Gefangenen zu machen, oder Gewaltanwendung gegenüber kampfunfähigen Gegnern sind verboten. Repressalien gegen geschützte Personen und das Aushungern der Zivilbevölkerung stellen ebenfalls einen Verstoß dar.

Geschützte Personengruppen

Die Genfer Abkommen und ihre drei Zusatzprotokolle gewähren Schutz für Zivilpersonen während bewaffneter Konflikte, ebenso wie für medizinisches und religiöses Personal im Dienst. Auch Gegner, die nicht mehr kampffähig sind – sei es durch Krankheit, Verwundung oder Schiffbruch – sowie Kriegsgefangene stehen unter besonderem Schutz.

Schutz von Journalisten

Eine angemessene Berichterstattung durch Medien ist für das Verständnis von Kriegssituationen unabdingbar. Das bedeutet oft, dass sich Journalisten in gefährliche Situationen begeben müssen. Die Genfer Abkommen definieren Journalisten eindeutig als Zivilpersonen, und dieser Status wurde 1977 im ersten Zusatzprotokoll noch einmal ausdrücklich bekräftigt.

Verbotene Waffen

Das humanitäre Völkerrecht verbietet den Einsatz von Waffen, die unnötiges Leiden oder übermäßige Verletzungen hervorrufen. Zudem sind Waffen untersagt, die keine klare Unterscheidung zwischen militärischen und zivilen Zielen ermöglichen. Auch solche, die ausgedehnte, langanhaltende und schwerwiegende Schäden an der natürlichen Umwelt verursachen und dadurch die Lebensgrundlagen der Menschen gefährden, sind verboten – ein Beispiel hierfür sind Streubomben.

Schutzzeichen

Anerkannte Schutzzeichen kennzeichnen Personen und Gegenstände, die im Rahmen der Genfer Abkommen neutral agieren – etwa zur Bergung und Versorgung von Verwundeten. Sie sollen Kombattanten davon abhalten, diese anzugreifen. Zu den anerkannten Schutzzeichen gehören das Rote Kreuz, der Rote Halbmond und, historisch, der Rote Löwe mit roter Sonne. Im dritten Zusatzprotokoll von 2005 wurde zudem der Rote Kristall als weiteres Schutzzeichen eingeführt.

Minimalstandard der Behandlung

Gemäß den Genfer Abkommen sind geschützte Personen unter allen Umständen mit Menschlichkeit zu behandeln, unabhängig von Rasse, Hautfarbe, Religion oder Geschlecht. Tötung, Verstümmelung, Vergewaltigung, Folter, Geiselnahme sowie jede entwürdigende Behandlung sind strikt untersagt. Verurteilungen dürfen nur durch ordentliche Gerichte erfolgen, wobei grundlegende rechtsstaatliche Garantien zu beachten sind. Verwundete und Kranke sind zu bergen und medizinisch zu versorgen.

Grundprinzipien des humanitären Völkerrechts

 In bewaffneten Konflikten ist die Unterscheidung zwischen Kombattanten und Zivilpersonen sowie zwischen militärischen und zivilen Objekten fundamental. Ebenso verlangt das humanitäre Völkerrecht die Verhältnismäßigkeit der angewandten Mittel und Methoden im Verhältnis zum angestrebten militärischen Nutzen. Zudem sind umfassende Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, um zivile Personen und Einrichtungen zu schützen.

Einhaltung des humanitären Völkerrechts im Deutschen Roten Kreuz

Gemäß Artikel 3 der Statuten der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung und § 2 der Satzung des DRK hat sich auch das Deutsche Rote Kreuz die Verbreitungsarbeit zur Aufgabe gemacht. Als freiwillige Hilfsgesellschaft der deutschen Behörden im humanitären Bereich wurde es zudem ausdrücklich in § 2 DRK-Gesetz mit der Verbreitung der Kenntnisse über das humanitäre Völkerrecht und die Grundsätze und Ideale der Bewegung sowie mit der Unterstützung der Bundesregierung hierbei beauftragt.

In der föderalen Struktur des DRK hat jede Verbandsebene eine eigene Verantwortlichkeit für die Koordinierung und Durchführung von dieser Verbreitungsarbeit. Neben den hauptamtlich Beschäftigten sind es insbesondere die ehrenamtlich tätigen Konventionsbeauftragten, die sich in den einzelnen Verbandsgliederungen für die Verbreitungsarbeit einsetzen.

Das Konventionsbeauftragtensystem umfasst einen Bundeskonventionsbeauftragten, 19 Landeskonventionsbeauftragte sowie mehrere hundert Kreis- und Bezirkskonventionsbeauftragte. Als stille Helden arbeiten hinter den Kulissen und setzen sich unermüdlich für die Verbreitung und Einhaltung des humanitären Völkerrechts ein. Dabei steht die Stärkung der Grundsätze der Genfer Konventionen im Fokus, um den Schutz der Betroffenen in Konflikt- und Krisensituationen zu sichern. Sie entwickeln Schulungsprogramme, bieten Beratungen an und vertreten die Positionen der Internationalen Rotkreuz- und Halbmondbewegung in Fragen des Völkerrechts. Die Arbeit der Konventionsbeauftragten hat oftmals direkte Auswirkungen auf das Leben von Menschen, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind.

Speziell die Landeskonventionsbeauftragten beraten die Gremien ihres Landesverbandes in Fragen des humanitären Völkerrechts und der humanitären Ethik, koordinieren und unterstützen die Tätigkeiten der Kreiskonventionsbeauftragten, z.B. mit der Durchführung von Jahrestagungen, pflegen Kontakte zu mit Fragen des humanitären Völkerrechts und der humanitären Ethik befassten Behörden und wissenschaftlichen Institutionen, unterrichten Rotkreuz-Mitglieder und insbesondere auch Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare über das humanitäre Völkerrecht und erstellen in diesem Zusammenhang Arbeits- und Verbreitungsmittel. Durch Vorträge, Publikationen und Medienbeiträge vertreten sie die Auffassungen des Deutschen Roten Kreuzes auf völkerrechtlichem Gebiet im Bereich ihres Landesverbandes.

Foto von Kerstin Börner – Landeskonventionsbeauftrage DRK Sachsen

Konventionsbeauftragte des Roten Kreuz in Sachsen

Als Rotes Kreuz in Sachsen sind wir dem Auftrag der Verbreitung des humanitären Völkerrechts verpflichtet. Wir setzen auf ehrenamtliches Engagement, um das Wissen über das humanitäre Völkerrecht zu verbreiten und die Prinzipien unserer Bewegung in die Breite der Gesellschaft zu tragen. Eine zentrale Rolle dabei spielt die Landeskonventionsbeauftragte Kerstin Börner, die im Januar 2022 die Nachfolge von Herrn Prof. Dr. Zimmermann angetreten hat.

Beruf: Rechtsanwältin für Straf-, Betreuungs-, Erb- und Arbeitsrecht

Ehrenamt: Vizepräsidentin des DRK-Stadtverbandes Chemnitz und Landeskonventionsbeauftragte des Deutschen Roten Kreuzes in Sachsen

Werte: Neutralität, Hilfsbereitschaft

Aufgaben: Koordinierung der Kreis- und Bezirksbeauftragten-Treffen in Sachsen, Beratung des Landesgremiums im humanitären Völkerrecht bei der Praxisverankerung des humanitären Völkerrechts für haupt- und ehrenamtliche Helfer sowie die Förderung der Verbreitung des humanitären Völkerrechts in Sachsen.

Themen: In Sachsen wird speziell im Rahmen des Marie-Simon-Jahres 2024 das Leben und das humanitäre Erbe einer Ikone der humanitären Hilfe hervorgehoben, ihre Geschichte in den Fokus gerückt und aus ihrem Wirken Werte abgeleitet, die in den Kontext des Roten Kreuzes in Sachsen integriert werden.

Ziele: Das Bewusstsein für die Grundsätze des humanitären Völkerrechts zu schärfen ist eine Aufgabe, die in Sachsen nicht von einer Einzelperson gestemmt werden kann. In jedem Kreisverband soll es einen aktiven Konventionsbeauftragten geben – das ist das Ziel. Dadurch sollen möglichst alle Mitglieder im Ehren- und Hauptamt für das humanitäre Völkerrecht sensibilisiert werden.


Weiterführende Links

Weltbekannte Fotografen wie James Nachtwey dokumentieren die Arbeit des Roten Kreuzes auf den "Schlachtfeldern von heute" – in sieben Krisenregionen in Afrika, Asien und Europa. Seit Mai 2009 wurden die entstandenen Fotos in New York und an mindestens 40 weiteren Orten der Welt gezeigt. Unser PDF-Download (4 MB) gibt Ihnen einen Eindruck von der Ausstellung "Our World at War".

Der Fotoband "Humanity at War" zeigt die Schrecken des Krieges, aber auch die Hoffnung und die Hilfe im Krieg auf. Die Fotografen haben dem Roten Kreuz 2009 die Rechte an den Bildern überlassen. Eine Auswahl von Bildern aus dem Buch können Sie hier als PDF-Datei herunterladen: Humanity in War Exhibit (3,7 MB).

Von 1864 bis heute - Die Entwicklung des humanitären Völkerrechts als Comic.

Interview mit Prof. Dr. Robert Heinsch, dem ehemaligen Bundeskonventionsbeauftragten des DRK zum Tag des Humanitären Völkerrechts vom 22.08.2014 auf auf hr-info.

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